Bersenbrücker Kreisblatt, Ausgabe vom 02. Februar 2015, Seite 12, Ressort Lokales
Fürstenau.
Dinge gibt’s, die funktionieren einfach nicht: Den Wind fangen, zum
Beispiel. Oder: Jungen Menschen vormachen, wie man ein Smartphone
bedient. Die unwiderstehliche Dynamik, die manchen Phänomenen
anhaftet, ist oft gar nicht so leicht hinzunehmen. Für Pädagogen
nicht und auch nicht für besorgte Eltern. Die Integrierte
Gesamtschule (IGS) Fürstenau hat dennoch einen Versuch unternommen,
ihren Siebtklässlern bei deren Wettlauf durch die digitale Welt
zumindest möglichst dicht auf den Fersen zu bleiben – und den
Schülern die ein oder andere Hilfestellung beim Umgang mit den Neuen
Medien anzubieten.
Noch
schnell die Nachrichtenlage bei Whatsapp checken. Hat vielleicht
jemand gerade etwas Interessantes auf Facebook gepostet? Einen
letzten Kommentar auf Instagram absetzen, dann das Handy auf ‚stumm‘
schalten und in die Tasche gleiten lassen. „Guten Morgen, Kinder!“
– „Guuu-ten Mooor-gen, Frau Trööös-ter!“
Jeden
Tag zwei Stunden lang, über eine Schulwoche gestreckt, haben sich
die sieben Klassen des siebten Jahrgangs der IGS Fürstenau mit dem
Thema beschäftigt, das für viele von ihnen auch die übrige Zeit
des Tages eine Hauptrolle spielt: das Smartphone und die unendlichen
Weiten des Internets, die gleich hinter seinem Display beginnen. „Ihr
seid die erste Generation, die mit einem ständig verfügbaren Zugang
zur digitalen Welt aufwächst“, gibt Schulsozialarbeiterin Kristin
Tröster an diesem Januarmorgen den 28 Jungen und Mädchen der Klasse
7/1 zu bedenken. „Ihr seid die Ersten, die lernen müssen, wie man
mit diesen ungeahnten Möglichkeiten verantwortungsvoll umgeht.“
In
ihrem Blick liegt eine Mischung aus Bedauern und Ansporn zugleich,
als sie hinzufügt: „Meine Generation und die eurer Eltern können
euch da leider wenig beibringen – für uns ist das alles genauso
neu.“
Risiko der digitalen Welt
Gemeinsam
mit ihren Kolleginnen Katharina Korte und Tanja Steinkamp sowie mit
Studienpraktikant Thomas Augustin hat Kristin Tröster ein
Pilotprojekt rund um die Vor- und Nachteile, um die Verlockungen und
die Risiken der digitalen Welt erarbeitet. Was ihr dabei besonders am
Herzen liegt: „Wir müssen unsere Aufmerksamkeit dicht bei den
Jugendlichen behalten, sonst bekommen wir die Unsicherheiten und
Probleme, die bei ihnen gerade aktuell sind, gar nicht mehr mit.“
Von
Unsicherheiten und Problemen ist bei den Siebtklässlern im Moment
allerdings nicht viel zu merken: Auf die Fragen, die die
Sozialarbeiterin ihnen stellt, antworten die Jugendlichen zwar
durchaus kontrovers, aber für das Team der Pädagogen erstaunlich
souverän. Ist es in Ordnung, das Smartphone beim Abendessen neben
sich auf den Tisch zu legen? Darf man eine Schlägerei auf Video
aufzeichnen? Ist es unhöflich, nach 22 Uhr zu telefonieren oder nach
Mitternacht per Whatsapp zu kommunizieren: „Hallo – ist noch
jemand wach?“
Die
meisten Antworten basieren auf einem Bauchgefühl. „Wenn meine
Mutter beim Abendessen an ihrem Laptop sitzt, dann nehme ich mir mein
Smartphone“, sagt ein Schüler: „Es gibt aber auch Tage, an denen
wir reden.“
In
dieser Doppelstunde gilt es, das eigene Bauchgefühl in der
Diskussion mit den Mitschülern zu überprüfen und sich am Ende auf
eine gemeinsame „Netiquette“, einen Verhaltenskodex für den
digitalen Umgang untereinander, zu einigen. Kristin Tröster ist
zufrieden: „Im Gespräch über den Sinn oder Unsinn verschiedener
Phänomene des Internets zu bleiben ist für Eltern und Kinder, für
Lehrer, Sozialarbeiter und Schüler das Wichtigste“, sagt sie. Das
Pilotprojekt für die Jahrgangsstufe sieben sei da schon ein guter
Anfang. „Aber im Grunde müssen wir das Thema Internet und soziale
Medien immer dann kurzfristig in den normalen Unterricht integrieren,
wenn gerade Bedarf besteht.“