Bersenbrücker Kreisblatt, Ausgabe vom 03. Juni 2009, Seite 1

Vermisster stürzte von Klippe

Abiturient aus Fürstenau ist tot – Rund 1000 Besucher bei Trauergottesdienst
vb/ja Fürstenau/Lloret de Mar. Der seit vergangenem Mittwoch im spanischen Lloret de Mar vermisste 20-jährige Abiturient Georg Heile aus Fürstenau ist tot. Ein Mann hat ihn gestern etwa 250 Meter von seinem Hotel entfernt gefunden. Dort ist der junge Mann von einer steilen Felskante in die Tiefe gestürzt. Noch am Abend kamen knapp 1000 Bürger zu einem ersten Trauergottesdienst in die Schlosskirche zu Fürstenau.
Die Todesnachricht hatte sich in der kleinen Stadt schnell herumgesprochen. Zahlreiche Freunde, Mitschüler, Vereinskameraden und Nachbarn füllten das Gotteshaus, in dem Pastor Hubert Schütte noch am Pfingstsonntag einen Bittgottesdienst für den 20-Jährigen abgehalten hatte. „Am Sonntag haben viele von uns noch Hoffnung gehabt und in einem in der Kirche aufgeschlagenen Buch dieser Hoffnung Ausdruck verliehen. Jetzt wissen wir aber, dass Georg Heiles Weg auf Erden zu Ende gegangen ist“, erklärte der Geistliche zu Beginn der Messe.
Er habe am gleichen Morgen vom Vater des Verunglückten die Todesnachricht erhalten. „Es ist für mich ein Trost zu sehen, dass Georg von solch einer Höhe abgestürzt ist. Er wird sofort tot gewesen sein und hat nicht noch lange auf Hilfe warten müssen. Wir wissen jetzt zumindest, was mit ihm ist“, zitierte der Pastor den Vater des Abiturienten. „Mit Pfingsten haben wir gerade das Ende der Osterzeit und die Auferstehung Jesu gefeiert. Georg war ein Teil dieser Kirche und glaubte an die Auferstehung, der wir heute – neben der Trauer – gedenken wollen.“
Wie berichtet, hatte der 20-jährige Abiturient mit 70 anderen Schülern aus der Region nach Ende der Schulzeit an einer privaten Abschlussfahrt teilgenommen. Bereits einen Tag nach der Ankunft verschwand der Fürstenauer, nachdem er noch eine SMS an seine Freundin in Deutschland geschickt hatte. Gestern nun teilte die Polizei in Lloret de Mar mit, dass er vermutlich eine Felskante in der Nähe seines Hotels hinabgestürzt ist. Die Leiche des 20-Jährigen hatte ein Mann entdeckt, der nach seinem Auto in der Garage schauen wollte. In unmittelbarer Nähe lag der Fürstenauer. „Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Unfall mit einer Verkettung von vielen unglücklichen Umständen handelt“, erklärte ein Freund der Familie des Toten. Gestern reisten die Angehörigen sowie die letzten Mitschüler aus Lloret de Mar ab und wurden noch am Abend in Fürstenau zurückerwartet. Am Donnerstagmorgen ist eine Andacht in der Integrierten Gesamtschule geplant, wo der Abiturient zur Schule ging.
Ihrer Trauer verliehen gestern viele Menschen Ausdruck. Auch Niedersachsens Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann war betroffen: „Es ist für uns alle unfassbar, dass ein junger Mensch so aus dem Leben gerissen wurde.“
 
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Bersenbrücker Kreisblatt, Ausgabe vom 03. Juni 2009, Seite 3, Ressort Einblicke

Um 8 Uhr klopft die Polizei an der Hoteltür

Der Tag, an dem die Familie Heile traurige Gewissheit bekommt – Donnerstag Andacht in der Schule
Von Jürgen Ackmann Fürstenau/Lloret de Mar. Es gibt Tage, die verändern alles. So einen Tag hat gestern die Familie Heile aus Fürstenau erlebt. Am Morgen um 8 Uhr klopft die spanische Polizei an der Tür des Hotelzimmers in Lloret de Mar und beendet damit Tage der Ungewissheit und des Bangens – aber auch des Hoffens. Ein Mann hat den 20-jährigen Sohn der Familie in der Nähe seiner Garage gefunden. Tot.
Es ist ein aufwühlender Tag. Einer, der längst nicht nur den Angehörigen nahegeht. Einer, an dem die Welt trotzdem nicht stehen bleibt. Und so funktioniert die Familie Heile, gibt Polizisten und Reportern bereitwillig Auskunft, nimmt Worte des Mitgefühls entgegen und bereitet die Abreise aus Lloret de Mar vor. Irgendwann am Nachmittag ist es so weit. Das Auto startet, mit dem Georg Heile senior und ein Freund der Familie am vergangenen Donnerstag nach langen 1600 Kilometern an der Costa Brava eingetroffen waren. Dieses Mal sitzen im Pkw der Arzt, die Ehefrau und der Schwager. Dieses Mal herrscht Gewissheit.
Um 9 Uhr hatte zuvor der Fürstenauer Pastor Hubert Schütte im Namen der Familie mitgeteilt, dass Georg Heile junior im Alter von 20 Jahren gestorben sei. Hinabgestürzt von einer Felskante. 20 oder 25 Meter tief. In ein Gebüsch in der Nähe einer Garage. Überlebenschancen habe er nicht gehabt, sagt der Pastor. Der Besitzer der Garage habe Georg Heile gefunden. Er habe nach seinem Auto schauen wollen und sei auf den Abiturienten gestoßen.
Pastor Hubert Schütte, der am Sonntag bereits einen Bittgottesdienst mit mehreren 100 Besuchern abgehalten hatte, ist gefordert. Zunächst kündigt er einen Gottesdienst in der Schlosskirche St. Katharina um 19 Uhr an und organisiert dann um 14 Uhr ein „Krisengespräch“. Mit am Tisch im Pfarrhaus sitzen Vertreter der Kommune und der Integrierten Gesamtschule, an der Georg Heile gerade die Abi-Klausuren geschrieben hat. Die Stimmung ist gedrückt. „Wir sind in Schockstarre“, sagt Samtgemeindebürgermeister Peter Selter. Spricht von einem großen Verlust und von einem sympathischen jungen Mann, der sich aktiv am Gemeindeleben beteiligt hat – der Mitglied in der Avantgarde der Bürgerschützen war, der Tennis spielte, der sich in der Junge Union engagierte.
Die meisten in Fürstenau kennen Georg Heile und seine Familie. Seine Mutter hat als Grundschullehrerin ungezählte Kinder unterrichtet, der Vater hat als Arzt vielen Fürstenauern geholfen. Und so wünschen die Bürger der Familie die „Kraft und den Glauben, dieses Geschehen auszuhalten“, wie es in einem Brief heißt.
Das „Krisengespräch“ geht schnell über die Bühne. Neben dem Gottesdienst um 19 Uhr ist am Donnerstag um 8 Uhr im Forum der IGS eine Andacht für die Oberstufenschüler und den 10. Jahrgang geplant. Dann werden auch die Klassenkameraden von Georg Heile junior wieder in Fürstenau sein. Gestern Abend um 20.20 Uhr sollten sie in Spanien in den Flieger steigen und laut Flugplan um 22.35 Uhr in Düsseldorf eintreffen, um von dort aus mit dem Bus nach Fürstenau zu reisen. Die Schüler seien „total geschockt“ gewesen, berichtet der Schwager von Georg Heile senior. Sie hätten die Unglücksstelle gesehen, vielleicht 250 Meter vom Hotel entfernt, zu dem Georg Heile junior in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch nach einem Discoabend wollte.
Auch für die Mitschüler zerbricht an diesem Tag, dem 2. Juni, alle Hoffnung. Bis zuletzt wünschen sie sich inständig, dass Georg Heile junior noch leben möge. Ebenso wie die Freundin. Die schreibt täglich in der OS-Community liebevolle Zeilen für ihren Partner.
Einer, der vielleicht so etwas wie eine Vorahnung hat, ist der Schwager. Um 4 Uhr nachts sei er aufgewacht und habe überlegt, ob es Sinn mache im direkten Umfeld der Unterkunft noch einmal zu suchen. Um 8 Uhr klopft die Polizei.
 
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