Bersenbrücker Kreisblatt, Ausgabe vom 16. März 2009,
Seite 17, Resort Lokales
Schulpolitik „ein Chaos“
Podiumsdiskussion mit der Landtagsabgeordneten Ina Kortner (Die
Grünen)
mk BERSENBRÜCK. Ist die aktuelle Schulpolitik der
niedersächsischen Landesregierung „ein Chaos, das
seinesgleichen sucht?“ Ina Kortner, Mutter,
Pädagogin und schulpolitische Sprecherin der Grünen
im Landtag, sieht und sagt das auch so. Die Abgeordnete aus der
Wesermarsch war Gast einer Diskussionsveranstaltung der
Landkreis-Grünen in Bersenbrück zur Schulpolitik des
Kabinetts Wulff.
„Nur noch enttäuschend“ nannte Kortner die
Ende Februar beschlossenen Maßnahmen zur
Unterrichtsversorgung, die mit 1500 fehlenden Lehrern auch
„fast alle Verbände auf die Barrikaden
gebracht“ hätten. Kortner sprach von einer insgesamt
„sehr verfahrenen Situation“, von
„Konzept- und Ahnungslosigkeit“ und übte
scharfe Kritik am sturen Festhalten am gegliederten Schulsystem.
Aus dem Schulalltag berichteten dann Elisabeth Middelschulte als
Leiterin der Gehrder Grundschule und Bernd Süpke als
Oberstufenleiter der Integrierten Gesamtschule Fürstenau.
Position bezog auch Tilmann Schieferdecker als Vertreter des
GEW-Bezirks Weser-Ems. „Man nimmt uns die Zeit fürs
Kerngeschäft“, kritisierte Middelschulte die stete
Zunahme von organisatorischen Aufgaben. Förderunterricht,
Schullaufbahnempfehlungen, Sprachtests oder die schulinterne Evaluation
müssten „nebenbei laufen“, weil nicht
ausreichend Stunden zur Verfügung stünden.
Bernd Süpke unterstellte der Landesregierung, mit dem
geplanten Abitur nach zwölf Jahren auch für die IGS
letztlich diese Schule als Schulform treffen zu wollen. „Dann
müssen wir die Integration aufgeben“, so
Süpke, dabei schaffe seine Schule seit Jahren bessere
Durchschnitte als das Gymnasium Bersenbrück, gehöre
die IGS zu den meist inspizierten Schulen und habe in 12 von 15
Fällen Bestnoten erzielt.
„Man stopft an kleinen Stellen kleine
Löcher“, kritisierte der GEW-Vertreter
„die, wenn überhaupt, dann zu kurzfristigen
schulpolitischen Maßnahmen führen.“
Schieferdecker sprach von Ziellosigkeit, bezeichnete die neuen
Ganztagsschulen als „nachgeklatschtes freiwilliges Angebot,
in dem in vielen Fällen die Rhythmisierung nicht
funktioniere“, und zur Gliederigkeit hieß es unter
anderem wörtlich: „Es gibt keine Hauptschule, das
Schulsystem produziert sie.“
„Was kann man tun?“, fragte Veranstaltungsmoderator
Johannes Bartelt in die Podiumsrunde. „Wir brauchen alle
Gruppen und eine Flut von Petitionen“, so Schieferdecker.
„Nur wenn die Eltern richtig laut werden, dann passiert
was“, riet Ina Kortner zu zentralen Aktionstagen.