Bersenbrücker Kreisblatt (Archiv) 23.05.2007
Mehr als drei Jahre Einzelhaft in einem Emslandlager
hoe Fürstenau/ Papenburg.
Wie lebendig Geschichte sein kann, wenn sie von Zeitzeugen
erzählt wird, erfuhren die Schüler der Klasse 9.3 der
IGS Fürstenau bei einem Besuch im Dokumentations- und
Informationszentrum (DIZ) Emslandlager in Papenburg. Das Lager
Esterwegen gehörte zu den ersten der 15
nationalsozialistischen Emslandlager, die durch das Lied der
"Moorsoldaten" zu trauriger Berühmtheit gelangten.
Vor allem politische Gefangene waren hier bereits ab 1933 inhaftiert.
Zu ihnen gehörte auch Professor Dr. Hans Lauter, der heute mit
92 Jahren als einer der letzten Zeitzeugen den Schülern der
IGS von seinen Erfahrungen berichtete. Als Mitglied einer
Widerstandsgruppe aus dem Erzgebirge, die heimlich Flugblätter
gegen das beginnende NS-Regime druckte und verteilte, war Hans Lauter
bereits 1933 verhaftet und ins Lager gebracht worden. Damals war er 18
Jahre alt, unwesentlich älter als die 15- bis
16-Jährigen aus Fürstenau, die von seinen
Erzählungen beeindruckt waren. "Dass er drei Jahre in
Einzelhaft durchgehalten hat, finde ich enorm", sagte Marietheres Runge
später. Dies gelang ihm durch das Lesen und teilweise
Auswendiglernen klassischer Literatur, hatte Lauter erklärt.
Insgesamt blieb er zehn Jahre in den Lagern, bevor ihm die Flucht
gelang. "Die Beschreibung der Flucht aus dem Gefängnis nach
der Verlegung aus dem Lager hat mich am meisten beeindruckt", sagte
Coco Mastall. Lars Kamper wiederum war vor allem von dem
Erinnerungsvermögen nach 70 Jahren fasziniert. Die
Erzählweise sei sehr lebendig gewesen. Und überhaupt:
Dass er die Jahren körperlich durchgehalten habe, sei
erstaunlich.
Und es gab viel auszuhalten. Das Lagerleben begann mit dem Wecken um
vier Uhr, das Bettenbauen gehörte dann zu den ersten Aufgaben
am Tag. Wenn es dem Wachpersonal nicht gut genug erschien, gab es
Schläge. Und die gab es im Laufe des Tages für jedes
kleine "Vergehen". Die Essensrationen waren gering, das Arbeitspensum
beim Torfstechen bewusst zu hoch angesetzt, ein gewollter Teufelskreis,
den viele nicht überlebten. "Die Beschreibungen der Schikanen
haben mich am meisten entsetzt", sagte Nadine Hettwer.
Fach- und Klassenlehrer Bernd Kruse ergänzte, dass Esterwegen
ein Ausbildungslager für SS-Schergen war, die später
in anderen Konzentrationslagern eingesetzt worden seien. Die Schikanen
und die Verhöre durch die Gestapo gehören auch
für Hans Lauter zu den schrecklichsten Erinnerungen.
Das Treffen mit Zeitzeugen wird bald nicht mehr möglich sein,
bedauert Bernd Kruse. Er hat seit vielen Jahren gute Erfahrungen mit
dieser Form intensiver Geschichtsvermittlung. Sie ist eingebettet in
einen umfassenden Geschichtsunterricht, der die
großpolitischen Zusammenhänge ebenso umfasst wie den
lokalen Bezug vor Ort. Daher erfuhren die Schüler
während des Unterrichts auch, dass es im Altkreis
Bersenbrück 1933 bereits 15 politische Häftlinge gab.
Dazu gehörte auch der Sozialdemokrat Hinderk Oldenhove, der
auf der "Evangelischen Liste" für den Stadtrat
Fürstenaus kandidiert hatte und den die Nationalsozialisten
aus politischen Gründen in das Emslandlager verschleppten. Es
geht nicht nur um das Geschichtswissen, sondern auch um die Erkenntnis,
wie wichtig Demokratie und freie Meinungsäußerung
sind, betonte Bernd Kruse.
Weitere Informationen gibt es übrigens unter
"www.diz-emslandlager.de" und unter "www.stiftung-ng.de" . Letztere
übernahm übrigens auch die Hälfte der
Fahrkosten für die IGS-Schüler.
Herr Kruse stellt richtig:
1.) Herr Lauter war nicht in einem Emslandlager
in Einzelhaft.
2.) Herr Lauter wurde nicht schon 1933 in ein Emslöandlager
gebracht, sondern später.
3.) In den 10 Jahren Haftzeit war Herr Lauter nicht nur
in drei Emslandlagern.
4.) Hinderk Oldenhove aus Fürstenau war in einem
Emslandlager, wahrscheinlich 1935/36 im KZ Esterwegen.